Neoliberalismus und die Globalisierung des Krieges – Amerikas Streben nach Vorherrschaft
Prof. Michel Chossudovsky
Die Welt befindet sich an einem gefährlichen Scheideweg. Die USA und ihre Verbündeten haben ein militärisches Abenteuer begonnen, das die Zukunft der Menschheit aufs Spiel setzt. Umfangreiche militärische und verdeckte geheimdienstliche Operationen finden gleichzeitig im Nahen Osten, in Osteuropa, in Afrika südlich der Sahara, in Zentralasien und Fernost statt. Die militärischen Planungen und Ziele der USA und der NATO schließen sowohl größere Einsätze als auch verdeckte Operationen mit dem Ziel der Destabilisierung souveräner Staaten ein.
Amerikas Streben nach Vorherrschaft sieht die Destabilisierung und Zerstörung von Ländern durch kriegerische Akte, verdeckte Operationen zur Unterstützung terroristischer Operationen, Regimewechsel und wirtschaftliche Kriegsführung vor.
Letzteres schließt die Durchsetzung verheerender makroökonomischer Reformen in hochverschuldeten Ländern sowie die Manipulation der Finanzmärkte, den künstlich herbeigeführten Zusammenbruch bestimmter Währungen, die Privatisierung von Staatseigentum, die Durchsetzung von Wirtschaftssanktionen sowie das Auslösen und die Verstärkung von Inflation und Schwarzmärkten ein.
Gerade die wirtschaftlichen Dimensionen dieser militärischen Agenda müssen genau verstanden werden. Krieg und Globalisierung stehen in einem engen inhaltlichen Zusammenhang. Die militärischen und geheimdienstlichen Operationen werden parallel zu einem Prozess der wirtschaftlichen und politischen Destabilisierung der ins Visier geratenen Länder in allen größeren Weltregionen durchgeführt.
Neoliberalismus ist integraler Bestandteil dieser außenpolitischen Agenda und stellt einen allumfassenden Mechanismus wirtschaftlicher Destabilisierung dar. Seit der Asienkrise 1997 haben sich die sogenannten Strukturellen Anpassungsprogramme (SAP) des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank zu einem umfassenden Rahmen entwickelt, der letztlich darauf abzielt, die Handlungsspielräume souveräner nationaler Regierungen bei der Formulierung
und Umsetzung einer eigenständigen Wirtschafts- und Sozialpolitik massiv einzuengen.
Zur Schwächung und dem allmählichen Verschwinden des Prinzips der nationalen Souveränität hat auch die Gründung der Welthandelsorganisation (WTO) 1995 beigetragen. Die allgemeine Entwicklung ging in Richtung weltweiter »Freihandelsabkommen« wie TTIP und TPP, die, sollten sie tatsächlich verabschiedet werden, staatliche Politik im Kern völlig in die Hände international agierender Großkonzerne verlagern würden.
In den vergangenen Jahren hat der Neoliberalismus auch in den Industrienationen Ost- und Westeuropas die Oberhand gewonnen, nachdem er bereits die sogenannten Entwicklungsländer fest im Griff hatte. Es wurden staatliche Rettungspakete aufgelegt. Island, Portugal, Griechenland, Irland und anderen Ländern wurden drastische Sparprogramme aufgezwungen, die zusätzlich mit einer Privatisierung wichtiger Schlüsselbereiche der jeweiligen Volkswirtschaft einhergingen.
Die weltweite Wirtschaftskrise steht in einem engen Zusammenhang mit dem Hegemoniestreben der USA. Sowohl in den USA als auch in Europa führen die Erhöhungen der Verteidigungsausgaben zu Rückschlägen und Unterfinanzierung in den zivilen Bereichen der wirtschaftlichen Aktivitäten. »Krieg ist gut fürs Geschäft«: Die einflussreichen und mächtigen Finanzinteressen, die routinemäßig Aktienmärkte, Währungen und Rohstoffmärkte manipulieren, unterstützen auch die Fortführung und Eskalation des Krieges im Nahmittelosten. Die weltweit fortschreitende Verarmung ist ein integraler und gewollter Bestandteil der Neuen Weltordnung.
Über die Globalisierung der Armut hinaus
Aus historischer Sicht wurde die Verarmung großer Teile der Weltbevölkerung dadurch ausgelöst, dass den betreffenden Ländern makroökonomische Reformen nach dem Muster des IWF aufgezwungen wurden. In den vergangenen 15 Jahren setzte dann noch eine weitere destruktive Phase ein. Die Entwicklung der Welt ist noch über die »Globalisierung der Armut« hinausgegangen: Ganze Länder verwandelten sich in offene Territorien, staatliche Einrichtungen brechen zusammen, Schulen und Krankenhäuser werden geschlossen, das Rechtssystem funktioniert nicht mehr,
Grenzen werden verschoben, ganze Sektoren der Wirtschaft, darunter Landwirtschaft und Industrie, werden bewusst in den Bankrott getrieben – alles dies mündet letztlich in eine soziale Zusammenbruchskrise und die Missachtung und Vernichtung menschlichen Lebens, wie etwa durch den Ausbruch von Seuchen oder die Vertreibung ganzer Bevölkerungsgruppen (Flüchtlingskrise).
Diese »zweite Phase« geht noch weit über den Verarmungsprozess hinaus, der in den frühen 1980er-Jahren durch die Gläubiger und internationalen Finanzinstitutionen herbeigeführt wurde. So gesehen schuf die Massenarmut, die durch die makroökonomischen Reformen ausgelöst wurde, die Rahmenbedingungen für den nun einsetzenden Prozess der offenen Vernichtung menschlichen Lebens.
Parallel dazu sanken unter den Bedingungen weitverbreiteter Arbeitslosigkeit die Arbeitskosten in den Industrienationen. Die treibenden Kräfte der Weltwirtschaft sind gegenwärtig Luxusgüter und die Rüstungsindustrie.
Die Neue Weltordnung
Allgemein gefasst gehören zu den wichtigsten Unternehmensakteuren der Neuen Weltordnung:
- Die Wall Street und die westlichen Großbanken mitsamt ihren Offshore-Geldwäsche-Einrichtungen, Steueroasen, Hedgefonds und Geheimkonten;
- der militärisch-industrielle Komplex, der sich aus der Neugruppierung der wichtigen »Rüstungsvertragspartner«, den Sicherheits- und Söldnerunternehmen und Geheimdienst-Tarnfirmen zusammensetzt, die mit dem Pentagon vertraglich zusammenarbeiten;
- die anglo-amerikanischen Erdöl- und Energiekonzerne;
- die Biotech-Großkonzerne, die zunehmend die Landwirtschaft und die Nahrungskette kontrollieren;
- die großen Pharmakonzerne sowie
- die Kommunikationsgiganten und Medienkonzerne, die die Propagandamaschine der Neuen Weltordnung bilden.
Diese hier aufgeführten Akteure interagieren natürlich mit Regierungseinrichtungen, internationalen Finanzinstitutionen und amerikanischen Geheimdiensten. Die staatlichen Strukturen haben sich in
Richtung dessen entwickelt, was Peter Dale Scott als den »tiefen Staat« (»Deep State«) bezeichnet, der aus verdeckt agierenden geheimdienstlichen Einrichtungen, Denkfabriken, geheimen Ausschüssen und beratenden Gremien besteht, in denen letztlich wichtige Entscheidungen im Zusammenhang mit der Neuen Weltordnung im Sinne einflussreicher Unternehmensinteressen getroffen werden.
Gleichzeitig infiltrieren nachrichtendienstliche Akteure zunehmend die Vereinten Nationen, darunter auch mit besonderen Aufgaben betraute Behörden, Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften und politische Parteien.
Dies bedeutet mit anderen Worten, dass die Exekutive und die Legislative sozusagen eine Nebelwand entstehen lassen, die Entscheidungen, die vom Wirtschaftsestablishment hinter verschlossenen Türen getroffen wurden, politische Legitimität verleiht.
Medienpropaganda
Die Medienkonzerne, die die Propagandamaschine der Neuen Weltordnung bilden, und die Geheimdienste, denen es um die Kontrolle und Verbreitung von Nachrichten geht, verbindet eine lange gemeinsame Geschichte. Darüber hinaus leisten die Medienkonzerne hilfreiche Dienste bei der Vertuschung von Kriegsverbrechen oder der Verbreitung humanitärer Narrative, die die
Legitimität der Politiker in hohen Ämtern aufrechterhalten.
Kriegerischen Handlungen und wirtschaftlicher Destabilisierung wird auf diese Weise Legitimität zugesprochen. Krieg wird als friedenserhaltende Maßnahme präsentiert.
Aber die Weltwirtschaft sowie das politische Gefüge des westlichen Kapitalismus wurden kriminalisiert. Der Justizapparat auf der nationalen Ebene sowie die verschiedenen internationalen Menschenrechtstribunale und Strafgerichtshöfe erfüllen die Funktion, die Legitimität der von den USA und der NATO angeführten Kriege und Menschenrechtsverletzungen zu untermauern.
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