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Freitag, 22. Januar 2016

Krieg um Syrien – Konfrontation NATO-Russland rückt näher

Krieg um Syrien – Konfrontation NATO-Russland rückt näher

Peter Orzechowski

Bevor es zu einem Krieg kommt, müssen Allianzen geschmiedet und Truppen in Stellung gebracht werden. Genau das geschieht jetzt im Länderdreieck Türkei-Irak-Syrien. Den Vorbereitungen nach zu urteilen, ist es nicht mehr weit bis zum Ausbruch der Kämpfe. Dann werden sich nicht nur die Türkei und Syrien/Irak gegenüberstehen, sondern die NATO und Russland.

Seit Jahresbeginn spitzt sich die Lage im Nahen Osten mit einer noch nie da gewesenen Dynamik und Geschwindigkeit zu: Die Jerusalem Post berichtete am Mittwoch, dass türkische Soldaten mit mehreren Truppenverbänden in Syrien einmarschiert sein sollen. Zuvor soll die türkische Armee von ihrem Boden aus Kurden-Stellungen in Nordsyrien bombardiert haben, so ARA News.

Der Angriff soll sich gegen die Kommandozentrale der Milizen in der Stadt Tel Abyad gerichtet haben. Die Zeitung beruft sich auf Augenzeugen und vermerkt, dass es keinen Widerstand gegen die türkischen Armee-Einheiten durch den IS gegeben haben soll. Die Zeitung argwöhnt, dass dies auf die mögliche Absprache zwischen der Türkei und dem IS hindeuten könnte.

Die türkische Zeitung Hürriyet berichtet, dass der türkische Geheimdienst MIT russische Aktivitäten in Qamischli an der Grenze zur Türkei beobachte. Nach Informationen des MIT wurden russische Soldaten nach Qamischli verlegt. Auch in der Vergangenheit seien immer wieder russische Soldaten und Geheimdienstoffiziere in die Region gekommen. Allerdings beschränkte sich ihr Besuch auf die von der syrischen Regierung kontrollierten Gelände, meint der MIT. Der türkische Minister Nabi Avci hingegen sagte am Donnerstagabend, dass die russischen Soldaten in Nordsyrien sich in den Reihen der YPG/PKK aufhalten und gemeinsam mit den Kurden-Milizen agieren würden, meldet Hürriyet.

Alexei Fenenko von der Russischen Akademie der Wissenschaften sagte ebenfalls am Mittwoch in einem Interview mit dem russischen Blog Interpolit, dass die Türkei entschlossen sei, im Norden Syriens eine Sicherheitszone einzurichten. Deshalb erwartet er eine militärische Eskalation zwischen Russland und der Türkei in Syrien. »Wir müssen das Bewusstsein für die Verteidigung der territorialen Integrität Syriens ins Spiel bringen. Ich denke, dass sich die S-400 Flugabwehrraketensysteme, die Russland als Vorsichtsmaßnahme zum Schutz des syrischen Luftwaffenstützpunkts Hmeymim einsetzt, als nützlich erweisen werden. Eine militärische Konfrontation zwischen Russland und der Türkei ist sehr offensichtlich«, so Fenenko.

Grund für die Zuspitzung der Lage ist der Erfolg der Soldaten der syrischen Armee (SAA) gegen den IS. Die SAA dringt immer weiter in vom IS kontrollierte Gebiete vor und plant eine große Offensive in Richtung der ölreichen Wüste im Osten Syriens.

USA und NATO bringen sich in Stellung

Laut Informationen von Al Jazeera und Foreign Policy soll die US-Armee den Luftwaffenstützpunkt Rmeilan im Nordosten Syriens eingenommen haben. Rmeilan liegt in der Provinz Hasakah, nahe der irakisch-türkischen Grenze.

Ein Sprecher der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDK) sagte gegenüber Al Jazeera, dass US-Verbände Rmeilan übernommen hätten, um die SDK in ihrem Kampf gegen den Islamischen Staat zu unterstützen. Wörtlich sagte Taj Kordish, der Sprecher der SDK, gegenüber Al Jazeera:
»Aufgrund eines Abkommens mit den (kurdischen Volksverteidigungseinheiten) YPGwurde die Kontrolle über den Flughafen den USA übergeben. Ziel dieses Abkommens ist die Absicherung der SDK, indem Waffen und eine Luftwaffenbasis für US-Kampfflugzeuge bereitgestellt werden. Dieser Flughafen wurde bereits über zwei Jahre von den YPG kontrolliert. Dieser strategische Flughafen ist in der Nähe mehrerer Erdöllager – eines der größten in diesem Bereich.«
Die SDK besteht aus verschiedenen Gruppen – zumeist Kurden, aber auch Mitgliedern der »Freien Syrischen Armee (FSA)« und anderen Rebellen, die gegen Assad kämpfen und angeblich gegen den IS. Dazu passend hat die NATO bereits AWACS-Flugzeuge und deutsche Tornado-Aufklärer im türkischen Incirlik stationiert, was– wie ich bereits hier auf Kopp Online berichtete – nichts mit dem angeblichen Kampf gegen den IS zu tun haben kann, da der IS über keinerlei Flugzeuge verfügt.

Der amerikanische Verteidigungsminister Ashton Carter hatte am Mittwoch ein neues Zusammentreffen von mehr als zwei Dutzend Ländern der Anti-IS-Koalition in drei Wochen in Brüssel angekündigt. Dort solle auch über zusätzliche Anstrengungen gesprochen werden. »Wirsind uns einig, dass wir alle mehr machen müssen«, sagte er. Das Treffen dürfte am Rande eines NATO-Verteidigungsministertreffens stattfinden, das für den 10. und 11. Februar angesetzt ist.

Zu dieser Zuspitzung der Lage passt auch, dass sich die Türkei durch den angeblichen IS-Anschlag in Istanbul, dem zehn deutsche Touristen zum Opfer fielen, die Rückendeckung der NATO sicherte – auch darüber hatte ich hier berichtet.

Seitdem haben türkische Kampfflugzeuge nicht nur Luftangriffe in Nordsyrien, sondern auch im Nordirak geflogen – angeblich gegen Stellungen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Und seitdem ist auch bekannt geworden, dass die Türkei schon vor mehr als einem Jahr eine Luftwaffenbasis ohne Erlaubnis der Zentralregierung in Bagdad gebaut hat. Aufnahmen zeigen, wie der Flughafen von Bamerne mit Baggern und Planierraupen ausgebaut und erneuert wurde. Bamerne liegt unmittelbar an der irakisch-türkischen Grenze, nördlich von Mossul.

Worum geht es im Krieg um Syrien?

In meinem neuen Buch Der direkte Weg in den Dritten Weltkrieg beleuchte ich die Frage, worum es in diesem Ringen um Syrien eigentlich geht, und zitiere Professor Andrej Fursow, Leiter desZentrums für Russland-Forschung an der Moskauer Geisteswissenschaftlichen Universität und Mitglied der Internationalen Akademie der Wissenschaften in München.

Syrien ist nach Fursow neben dem Iran das Aufmarsch-Gebiet für Zentralasien – jene Region, in der sich nach Brzezinski die Machtverhältnisse in der Welt entscheiden werden. Nur über Syrien und Iran kann Eurasien, also hauptsächlich das geographische Gebiet Russlands, angegriffen werden.

Außerdem sei Syrien das Verbindungsglied zwischen dem schiitischen Iran und den übrigen schiitischen Gruppierungen in der arabischen Welt. Dieser religiösen Richtung des Islam stehen die Sunniten gegenüber, also Saudi-Arabien und die reichen Vereinigten Arabischen Emirate am Golf, unterstützt von den USA. Auch über diese Spannungen hatte ich hier aufKopp Online bereits berichtet. Fursow: »Ohne die Lösung der syrischen Frage können sich die Briten und Amerikaner nicht an den Iran wagen.«

Syrien ist noch aus einem dritten Grund wichtig, wie Fursow erklärt: »Im südöstlichen Mittelmeerraum sind Erdgasvorkommen festgestellt worden – sowohl auf dem Seegebiet als auch an Land in der syrischen Region Kara.«

Und schließlich gebe es einen letzten Grund für den Syrienkonflikt: Katar. Das arabische Emirat exportiert verflüssigtes Erdgas mithilfe einer Tankerflotte. Bricht das Assad-Regime zusammen, sobekäme Katar die Möglichkeit, den blauen Brennstoff direkt über das syrische Territorium an die Küste des Mittelmeers zu transportieren. Das würde sein Exportvolumen mindestens verdoppeln und gleichzeitig den Export aus dem Iran – es gibt eine Pipeline von Iran nach Syrien – behindern. Fursow: »Das Erstarken Katars auf dem Markt für Erdgas schwächt die Position Russlands.«

Fursow weiter: »Die wirtschaftlichen Interessen Katars fallen mit den geopolitischen Interessen der USA zusammen und mit ihrem Bemühen, Russland maximal zu schwächen. Der Westen will von Russland nur eines: dass es Russland nicht mehr gibt.« Fursow erwartet in dieser Region »den Großen Krieg des 21. Jahrhunderts … die letzte große Jagd der Epoche des Kapitalismus, die leider höchstwahrscheinlich unvermeidbar ist«.









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Mittwoch, 20. Januar 2016

Schon wieder Probleme mit den Tornados – wie uns die Kanzlerin höhere Kriegsausgaben verkaufen will

Schon wieder Probleme mit den Tornados – wie uns die Kanzlerin höhere Kriegsausgaben verkaufen will

Peter Orzechowski

Erst hieß es, Deutschlands Waffe gegen den IS, die Tornados, seien kaum noch einsetzbar. Jetzt warnt die Propaganda-Haubitze der Regierung, die Jets könnten nachts nicht fliegen. Was will uns die Regierung mit diesen Hiobsbotschaften sagen?


Die Bundeswehr kann ihre Tornados nachts nicht zu Aufklärungsflügen gegen die Terrormiliz IS einsetzen. Der Grund: Die neue Ausstattung im Cockpit ist zu hell. Das berichtet die Bild-Zeitung unter Berufung auf Aussagen der Luftwaffe.

Grund dafür sei die jüngste Aufrüstung der Flieger mit neuer Soft- und Hardware (ASSTA-3). Dadurch reflektiere die Cockpit-Beleuchtung der Tornados so stark, dass ein Kampfeinsatz bei Nacht nicht möglich sei. Das bestätigte ein Luftwaffen-Sprecher gegenüber Bild. Die Luftwaffe arbeite an einer »zeitnahen Zwischenlösung«, sagte der Sprecher. Bis Ende des Jahres hofft die Luftwaffe, die Probleme grundsätzlich beheben zu können.

Seit Anfang dieses Jahres beteiligt sich die Bundeswehr vom türkischen Stützpunkt Incirlik aus mit Aufklärungsflügen über Syrien und dem Irak am Kampf gegen den IS. Außerdem versorgt ein ebenfalls dort stationiertes deutsches Tankflugzeug seit Dezember Kampfjets der internationalen Koalition mit Treibstoff.

Damit erfüllt Deutschland seine Hilfszusage an Frankreich nach den Pariser Anschlägen, bei denen Mitte November 130 Menschen getötet wurden. Aus Bundeswehrkreisen heißt es, die Franzosen hätten zur Unterstützung im Anti-IS-Kampf ausdrücklich um die Entsendung der Tornado-Aufklärungsjets gebeten.

Tornado-Jets sind noch immer der Stolz der Luftwaffe, obwohl sie mittlerweile zwischen 23 und 34 Jahre alt sind. Mit sensiblen Kameras, die in den Boden der Maschinen eingebaut sind, können siehochauflösende Fotos und Infrarot-Bilder in einem sehr weiten Spektrum rechts und links von der Flugbahn aufnehmen.

Allerdings soll nur weniger als jeder zweite Jet einsatzbereit sein. Nach einem im Dezember 2015 veröffentlichten Bericht des Verteidigungsministeriums zum Zustand der Hauptwaffensysteme sind bei der Luftwaffe von 93 angeschafften Tornados 66 in Betrieb und davon wiederum nur 29 einsatzbereit.

Seither hatte es deswegen heftige Diskussionen gegeben – und ich fragte hier auf Kopp online, was wohl der Hintergrund sein mag für die Mängelklagen, die immer dann auftauchen, wenn ein neuer Kriegseinsatz der Bundeswehr bevorsteht. Damals schrieb ich, diese Propaganda diene dazu, uns, den Bürgern, klarzumachen, dass wir ohne NATO nicht verteidigungsfähig wären und dass wir bessere Waffen bräuchten.

Im Zusammenhang mit den jüngsten Ankündigungen von Kanzlerin Merkel, den Verteidigungs-Etat – wie es die NATO von Deutschland fordert – zu verdoppeln, macht das ständige Gejammer um die schlechte Ausrüstung der Bundeswehr noch mehr Sinn. Denn es dient als Rechtfertigung nach dem Motto: »Selbst wenn es die NATO nicht befohlen hätte, wir müssen einfach investieren, weil unsere Waffensysteme marode sind.«

Bei einem Auftritt im Verteidigungsausschuss vor wenigen Tagen hatte Merkel erklärt, man müsse mehr leisten, wenn man die Amerikaner in Europa halten wolle.

Tagesschau.de berichtete am 14. Januar: »Ihr Auftritt hatte es offenbar in sich. Im Ton zwar nüchtern, in der Botschaft aber deutlich gab Merkel ein Plädoyer für höhere Verteidigungsausgaben.»Wir müssen einen vernünftigen, qualitativen Beitrag leisten, damit andere ‒ jenseits des Atlantiks ‒ bereit sind, sich zu engagieren«, sagte die Kanzlerin laut Teilnehmern der Ausschusssitzung. Merkel verwies demnach auch darauf, dass ein Verbleib der Amerikaner in Europa auch wesentlich davon abhänge, was die Bündnispartner und eben auch Deutschland selbst in ihre Streitkräfte investierten.

Die NATO-Länder hatten sich schon vorher darauf verständigt, mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes für die Verteidigung zu verwenden. Sollte die Kanzlerin dieses Ziel durchsetzen, käme es in etwa einer Verdoppelung der Kriegs – Pardon: Verteidigungs- – Ausgaben gleich.

Vielleicht hängt die Kritik am Tornado auch damit zusammen, dass das Bundesverteidigungsministerium die Entwicklung eines neuen Kampfflugzeuges plant, das langfristig die Tornado-Jets ersetzen und möglicherweise unbemannt fliegen soll. Das hatte die Nachrichtenagentur Reuters im Dezember 2015 – von der Öffentlichkeit wenig beachtet ‒ berichtet. Sie zitierte aus einem Strategiepapier des Ministeriums für eine »militärische Luftfahrtstrategie«.

Das neue Flugzeug laufe bei der Bundeswehr unter der Bezeichnung »Next Generation Weapon System« und könne möglicherweise mit oder ohne Pilot fliegen. »Eine Festlegung hierzu ist im Rahmen weiterer Analysen und im Kontext einer europäischen Lösung zu treffen«, heißt es in demPapier. Erste Gespräche über einen neuen Kampfjet seien 2016 »mit den europäischen Partnern« geplant. Ein nationaler Alleingang »für Waffensysteme dieser Komplexität« sei nicht denkbar.

Und ein weiterer Aspekt gehört in diesen Zusammenhang, auf den ich in meinem neuen Buch Der direkte Weg in den Dritten Weltkrieg hinweise: Nach der Aufrüstung der osteuropäischen NATO-Länder in den letzten Jahren soll offenbar auch die Bundeswehr wieder aufgerüstet werden – was ja auch zum oben genannten Plan der Erhöhung des Militär-Budgets passt.

Im Buch schreibe ich: »Seit 2011 erhöhten die ›neuen Bundesländer‹ der NATO ihre Panzerstreitkräfte von 2161 auf fast 5000 Stück – übrigens ohne, dass es in der deutschen Presse groß aufgefallen wäre. Die Zahl der Kampfflugzeuge wurde ebenfalls mehr als verdoppelt: von 238 auf 551.«






Eine Abrechnung!
Die Biographie Mohameds wurde 200 Jahre nach dessen Tod verschriftlicht - mit politischer Intention: Muslimische Fürsten suchten ihre Position zu sichern und dem christlichen Jesus eine eigene, die Herrschaft legitimierende Erlöserfigur entgegenzusetzen.



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Dienstag, 19. Januar 2016

China und Russland fordern die »unvergleichliche« Flotte der USA heraus

China und Russland fordern die »unvergleichliche« Flotte der USA heraus

F. William Engdahl

Führende Militärstrategen der Vereinigten Staaten studierten nach dem Spanisch-Amerikanischen Krieg von 1898 sorgfältig die imperiale Vorgehensweise ihrer englisch sprechenden Vettern in Großbritannien. Nachdem 1873 die britische Wirtschaft tiefer in das eingesunken war, was sie »die Große Depression« nannten, haben Männer wie Junius Pierpont Morgan, der mächtigste Bankier in Amerika, Andrew Carnegie, der führende Stahlproduzent, und John D. Rockefeller, der US-Ölmonopolist, – also Amerikas erste Oligarchen – begriffen, dass die Vereinigten Staaten, wenn sie mit Großbritannien als der damaligen Weltmacht Nummer eins wetteifern wollten, eine »navy second to none«, eine Kriegsflotte, »die ihresgleichen sucht«, haben sollten. Diese Vorherrschaft der US-Kriegsflotte könnte nun schon bald Geschichte sein. Schauen Sie sich genau an, was China und Russland strategisch auf den Meeren unternehmen!

Im August 2015 ereignete sich etwas, dessen längerfristige strategische Bedeutung in Washington und in der NATO-Zentrale Bestürzung auszulösen beginnt. Russland und China, die beiden großen eurasischen Nationen, führten gemeinsame Marineübungen im Japanischen Meer vor der Küste der östlichsten Hafenstadt Russlands, Wladiwostok, durch.

Vizeadmiral Alexander Fedotenkow, der stellvertretende Kommandeur der russischen Marine, sagte damals als Kommentar über die Bedeutung der Manöver: »Der Umfang der Übung«, an der 22 russische und chinesische Kriegsschiffe, 20 Flugzeuge, 40 gepanzerte Fahrzeuge und 500 Soldaten beteiligt waren, »ist beispiellos«. Die Übungen simulierten kriegerische Maßnahmen gegen Flugzeuge und U-Boote.

Es handelte sich um Phase zwei der gemeinsamen chinesisch-russischen Marineübungen namens Gemeinsame See 2015 die im Mai mit dem ersten gemeinsamen Manöver von zehn russischen und chinesischen Schiffen im Mittelmeer begonnen hatten.

Die strategische Bedeutung der gemeinsamen russisch-chinesischen Marineübungen sowohl im Mittelmeerraum als auch in den Gewässern vor der chinesischen und russischen Küste im Fernen Osten ist nur die Spitze einer eindeutig weitaus größeren gemeinsamen Militärstrategie, die möglicherweise die Herrschaft der USA über die Weltmeere herausfordern wird.

Marineüberlegenheit war die entscheidende Voraussetzung im amerikanischen Plan für den Machterhalt. Im Mittelmeer unterhält Russland einen Marinestützpunkt im syrischen Tarsus als bloßen »Technischen Versorgungsstützpunkt«. Für Russland ist der syrische Stützpunt, seine einzige Basis im Mittelmeer, von strategischer Bedeutung.

Wenn die auf der Krim stationierte russische Schwarzmeerflotte für Unterstützungsoperationen wie die laufende militärische Intervention in Syrien erforderlich ist, dann ist Tarsus von unschätzbaremWert; das gilt auch für andere von der russischen Küste weit entfernte Operationen.

Chinas erste Marinebasis im Ausland

Zu einem weiteren scheinbar weniger wichtigen Ereignis kam es gegen Ende des Jahres 2015, das kaum Kommentare in den Mainstreammedien auslöste. China gab damals bekannt, dass es wegen eines chinesischen Marinestützpunkts Verhandlungen mit der Regierung eines der strategisch am günstigsten gelegenen und kleinsten Länder der Welt, der Republik Dschibuti, aufgenommen habe.

Dschibuti hat geografisch das Glück oder Unglück, am Horn von Afrika direkt gegenüber von Jemen zu liegen, wo gerade ein erbitterter Krieg zwischen einer Koalition unter Führung des wahhabitisch-sunnitischen Saudi-Arabiens und schiitischen Huthi ausgetragen wird. Dort an der schmalsten Wasserstraße, einem strategischen Nadelöhr, mündet das Rote Meer in den Golf von Aden. Dschibuti grenzt im Norden an Eritrea, im Westen und Süden an Äthiopien und im Südosten an Somalia.

In Dschibuti wird über Chinas allererste Marinebasis im Ausland an einem der wichtigsten Wasserwege für die Weltöl- und Handelsströme nach China verhandelt.

Technisch gesehen wäre der chinesische Stützpunkt ein bescheidenes logistisches Marinezentrum für chinesische Patrouillenboote, die sich an UN-Aktivitäten zur Kontrolle der Piraten vor Somalia beteiligen. Das Pekinger Außenministerium erklärte, dass der neue Stützpunkt lediglich der chinesischen Flotte eine militärische Infrastruktur in Afrika bieten solle, um China bei der Erfüllung seiner internationalen Friedensmissionen unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen zu helfen.

Bezeichnenderweise haben die Chinesen dafür das öde, kleine Land Dschibuti, die Heimat von nur rund 850 000 Einwohnern, ausgesucht, in dem zufälligerweise auch die US-Flotte mit Camp Lemonnier ihren einzigen Stützpunkt in ganz Afrika unterhält.

Camp Lemonnier ist eine Expeditionsbasis der US-Flotte, die einzige ständige Basis von US AFRICOM und das Zentrum eines Netzes von sechs US-Drohnen- und -Überwachungseinrichtungen in ganz Afrika. Der Hafen Dschibuti beherbergt auch italienische, französische, japanische und pakistanische Militäreinrichtungen – alles nette Nachbarn.

Trotz der Tatsache, dass es sich im Vergleich zum Camp Lemonnier nur um eine kleine, bescheidene chinesische Anlage handelt, ist ihre geopolitische Bedeutung für China und diekünftige Hegemonie der US-Marine weitaus größer.

Vasili Kashin, Experte für chinesisches Militärwesen am Analysezentrum für Strategie und Technologie in Moskau, schrieb in einer russischen Zeitschrift: »Die politische Bedeutung des Ereignisses übertrifft sein militärisches Gewicht. Schließlich wird dies selbst in beschränktem Umfang der erste eigentliche chinesische Militärstützpunkt im Ausland sein.«

Kashin betonte ferner, dass die Pläne für die Dschibuti-Basis »ein starkes Indiz dafür sind, dass China zu einer immer vollwertigeren maritimen Großmacht auf Augenhöhe mit Frankreich und Großbritannien wird, um nicht von Russland oder den Vereinigten Staaten zu sprechen. Es ist ein Hinweis dafür, dass Peking versucht, seine Interessen im Ausland auch mit dem Einsatz seiner Streitkräfte abzusichern. Und seine Interessen sind recht beträchtlich«.

Der US-Politologe James Poulos veröffentlichte in der in Washington erscheinenden Zeitschrift The Week die Warnung, dass Washingtons Präsenz auf dem an Ressourcen reichen afrikanischen Kontinent dahinschwinde, während diejenige Chinas stark zunähme. Er bemerkt:

»... Äthiopien hat gerade die USA mit einer Basis für Drohnen ausgebootet, die Washington zu erweitern gehofft hatte ... Mit anderen Worten: Während China sein Geschäft in Dschibuti ausbaut, erfahren die USA in diesem Land Einschränkungen für ihre ostafrikanischen Operationen – ein gefährdeter Brückenkopf in einem umstrittenen Umfeld. In diesem Jahr könnte Afrika zu einer neuen Bürde für die USA werden – und zu einer neuen Lebensader für China

Keine Kriegsmarine mehr, »die ihresgleichen sucht«!

Seit der Vorbereitung auf den Einstieg in den Ersten Weltkrieg mit der Verabschiedung des Flotten-Ausbaugesetzes durch den Kongress im Jahre 1916 bestand Washingtons Strategie darin, eine Marinestreitmacht zu bauen, »die ihresgleichen sucht«. Heute stehen die USA, zumindest den Zahlen nach, immer noch »an erster Stelle«.

Doch das steht nur auf dem Papier. Ihre Marine verfügt über 288 Kriegsschiffe, von denen ein Drittel jeweils unterwegs ist. Sie besitzt zehn Flugzeugträger, mehr als der Rest der Welt zusammen. Sie unterhält neun amphibische Angriffsschiffe, 22 Kreuzer, 62 Zerstörer, 17 Fregatten und 72 U-Boote, darunter 54 nuklearangetriebene Angriffs-U-Boote. Die US-Marine stellt mit 3700 Flugzeugen auch die zweitgrößte Luftwaffe der Welt und ist in Bezug auf ihr Personal die größte Flotte.

Achten Sie jetzt auf das vereinigte Potenzial der chinesischen und der russischen Flotten, und das Bild bekommt eine ganz andere Dimension. Darauf wurden die Planer im Pentagon erst aufmerksam, nachdem sie die kriegerische und provokative Politik der törichten Neokonservativen gegen China in der Region von Obamas »Dreh-und-Angel-Punkt Asien« und gegen Russland in derUkraine auf die geopolitische Realität gestoßen hat, dass die militärische Zusammenarbeit von China und Russland heute enger ist als je zuvor in ihrer Geschichte.

In den letzten 25 Jahren hat die wirtschaftliche Modernisierung der Flotte der Volksbefreiungsarmee (PLAN) sich in eine wirkliche Hochseeflotte mit bemerkenswerter Leistung verwandelt. Die PLAN verfügt derzeit über einen Flugzeugträger – zwei weitere sind im Bau –, über drei Amphibientransportschiffe, 25 Zerstörer, 42 Fregatten, acht nuklearangetriebene und etwa 50 konventionelle Angriffs-U-Boote sowie über eine – einschließlich des chinesischen Marine Corps – 133 000-köpfige Mannschaft. Die Luftwaffe der PLAN umfasst 650 Flugzeuge, darunter trägerbasierte J-15-Kampfflugzeuge, J-10-Mehrzweckkampfflugzeuge, Y-8-Marinefernaufklärer und Z-9-U-Boot-Jagdflugzeuge.

Wenn wir dann die russische Kriegsmarine hinzunehmen, die, nachdem sie nach Beendigung des Kalten Kriegs vernachlässigt worden war, zurzeit dramatisch modernisiert wird, ergibt sich ein Bild, das – gelinde ausgedrückt – Washington herausfordert.

Die russische Marine verfügt über 79 Schiffe der Fregattenklasse und größer, darunter ein Flugzeugträger, fünf Kreuzer, 13 Zerstörer und 52 U-Boote. Russlands Stärke zur See ist seine U-Boot-Flotte mit 15 nuklearangetriebenen, 16 konventionell angetriebenen Angriffs-U-Booten sowie sechs Träger-U-Booten für Marschflugkörper und neun Träger-U-Booten für ballistische Raketen. Die neun U-Boote für ballistische Raketen stellen Russlands wichtigste nukleare Zweitschlagkapazität dar.

Russland plant, mindestens einen weiteren Flugzeugträger anzuschaffen, dazu eine neue Klasse von Lenkflugkörperzerstörern, Borei-II-U-Booten für ballistische Raketen und nuklearangetriebenen U-Booten der Yasen-II-Klasse und dazu noch verbesserte, konventionell angetriebene Angriffs-U-Boote der Kilo- und Lada-Klasse.

Russland führt eine »tiefgreifende Modernisierung« der U-Boot-Flotte durch. 2013 erhielt die Flotte ein neues nuklearangetriebenes U-Boot für ballistische Raketen (SSBN) der Borei-Klasse, und sie plant, im nächsten Jahrzehnt fünf weitere davon anzuschaffen. Die Flotte bekam 2014 ein Landungsboot der Dyugon-Klasse. Die Modernisierungskampagne ist Teil eines größeren russischen Programms zur Wiederaufrüstung der Kriegsflotte in den nächsten 20 Jahren. Veranlasst wurde es offensichtlich dadurch, dass die USA unerbittlich an ihrer destabilisierenden Strategie der ballistischen Raketenabwehr, die sich gegen Russlands atomare Streitkräfte richtet, festhalten.

Ein weiteres SSBN oder U-Boot zum Abschuss atomarer, ballistischer Flugkörper der Borei-Klasse, die Wladimir Monomach, nahm 2015 den Betrieb auf. Ihr Schwesterschiff, die SSBN Alexander-Newski der Borei-Klasse, hat vor Kurzem bei der Halbinsel Kamtschatka erfolgreich einen Einzeltestabschuss einer Bulawa, einer ballistischen Interkontinentalrakete, durchgeführt. Die neuen U-Boote werden Auswirkungen auf die strategischen nuklearen Operationen im Pazifikraum haben:

Sie fahren leiser und können doppelt so viele Atomsprengköpfe wie die aktuelle Klasse der Delta-III-U-Boote, dazu mit weitaus größerer Treffgenauigkeit, mit sich führen. Die auf der Halbinsel Rybachiy stationierten SSBN der Borei-Klasse verkehren offiziell zum Schutz Russlands auf Abschreckungspatrouillen im Pazifik. Das erste von sechs in den nächsten zehn Jahren für den Dienst im Fernen Osten geplanten, nuklearangetriebenen Mehrzweck-Angriffs-U-Booten (SSBN) der Yasen-Klasse wird sich frühestens 2017 der Pazifikflotte anschließen.

Zusammengenommen wird die bedeutende russische Seekriegserfahrung während des Kalten Kriegs in Verbindung mit dem ehrgeizigen chinesischen Aufbau und dem weiteren Ausbau einer modernen Hochseeflotte die US-Vorherrschaft auf den Weltmeeren wie nie zuvor herausfordern. Dies könnte die richtige Zeit für US-Institutionen und Militärplaner sein, Pläne für die Deeskalation des Weltkriegs zu prüfen, bevor es zu spät ist. Ist das naiv? Warum sollte das der Fall sein?




NATO-Geheimarmeen in Europa: inszenierter Terror und verdeckte Kriegsführung .
Dieses Buch deckt das bestgehütete und schrecklichste politisch-militärische Geheimnis seit dem Zweiten Weltkrieg auf: Für den Fall einer sowjetischen Invasion in Westeuropa gründete die NATO geheime Armeen, das sogenannte »Stay-behind«- Netzwerk.




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Montag, 18. Januar 2016

Entzündet sich wieder ein Weltkrieg im Mittelmeerraum?

Entzündet sich wieder ein Weltkrieg im Mittelmeerraum?

Wolfgang Effenberger

Am 4. Dezember 2015 (genau an diesem Jahrestag wurde im US-Repräsentantenhaus die unrühmliche Resolution 758 beschlossen: eine leichtfertige Kriegserklärung an Russland) segneten die Abgeordneten des Bundestags – die Hälfte schien schon im verlängerten Wochenende – den Syrien-Einsatz der Bundeswehr ab: 445 Ja-Stimmen, 145 Nein-Stimmen und sieben Enthaltungen.

»Vorgesehen ist, dass bis zu 1200 Soldaten mit sechs Aufklärungsflugzeugen des Typs Recce-Tornado, einem Tankflugzeug, Satellitentechnik sowie einer Fregatte den Kampf gegen den ›Islamischen Staat‹ (IS) unterstützen sollen.« (1) Inzwischen dürfte es wohl auch in die letzte Redaktionsstube vorgedrungen sein, dass der so genannte »Islamische Staat« 2012 im Kampf gegen den syrischen Präsidenten Assad von den USA mitkreiert worden ist – nachzulesen in einem inzwischen veröffentlichten Report des US-Geheimdienstes DIA (Defense Intelligence Agency) aus dem Jahr 2012.
Daneben instrumentalisieren auch Israel (gegen die Hisbollah), die Türkei (gegen die kurdischePKK) und Saudi-Arabien diese sunnitischen Desperados für ihre finsteren Absichten. Die USA haben seit August 2014 bis heute nicht einmal halbherzig den Kampf gegen den IS aufgenommen; sie haben vielmehr zugeschaut, wie der IS durch einen breiten Korridor Öl in die Türkei verkauft.

Die Bundesrepublik hat nun nach dem völkerrechtswidrigen Jugoslawienkrieg (1999) und dem verantwortungslosen Afghanistankrieg (seit 2001) den dritten Kriegseinsatz in der Geschichte der Bundeswehr beschlossen. Er dürfte die vorigen Einsätze weit in den Schatten stellen und uns vermutlich zum Verhängnis werden. Denn nun mischt sich Deutschland in einen Krieg ein, der – ähnlich wie im Juni/Juli 1914 – die Lunte an ein Pulverfass legt.

Angesichts der Erfahrungen aus und vor dem Ersten Weltkrieg wäre ein Innehalten, ein Besinnen erforderlich gewesen. Wer erinnert sich noch an das Jahr 1911, als mit der zweiten Marokkokrise und dem italienischen Angriff auf Tripolis der Weltkrieg im Grunde schon begann. Nahtlos folgten 1912/13 die beiden Balkankriege, und dann bedurfte es nur noch eines Zündfunkens zum Weltkrieg.

Seit mehr als drei Jahren wird nun in einer hochexplosiven Gemengelage in Syrien ein »Stellvertreterkrieg« geführt, der »sogar zu einem heißen Krieg zwischen Russland und den Vereinigten Staaten werden« könnte, schrieb die konservative »Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung« am 18. Oktober.

Zu diesem Zeitpunkt war der Abschuss des russischen Jagdbombers vom Typ Su-24 durch zwei türkische Kampfjets noch nicht bekannt – ebenso wie Meldungen, nach denen der russische Pilot von turkmenischen Aufständischen am Fallschirm erschossen und der russischeRettungshubschrauber beschossen worden sein soll. Es ist kaum anzunehmen, dass die türkischen Piloten und der türkische Präsident diese Eskalation hinter dem Rücken des US-Präsidenten betrieben haben. Dieser Abschuss dürfte sogar die Einsatzregeln der NATO verletzt haben. Anstatt weiter an der Eskalationsschraube zu drehen, hätte man den Fall umgehend untersuchen müssen.

Als Einsatzgebiet der Bundeswehr sind neben Syrien das östliche Mittelmeer, der Persische Golf, das Rote Meer und angrenzende Seegebiete vorgesehen. Bis zu 1200 Soldaten sollen »Frankreich, Irak und die internationale Allianz in ihrem Kampf gegen IS« (2) unterstützen. Da werden unweigerlich Erinnerungen an die Marokkokrisen von 1905 und 1911 wach! Krisen, in denen laut Geschichtsüberlieferung das Kaiserreich gefährlich mit dem Krieg gezündelt habe. War es wirklich so?

Frankreichs so genannte »friedliche Durchdringung« Marokkos konnte 1904 nur mittels eines Interessenausgleichs mit Großbritannien beginnen (Sudanvertrag von 1899 – ein Jahr nach der Faschodakrise). In dieser als »Entente cordiale« in die Geschichte eingegangenen Absprache wurde Marokko der französischen Einflusssphäre zugeschlagen, Ägypten hingegen der britischen.

Der französische Druck auf Marokko (1844 erster französisch-marokkanischer Krieg) hatte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gesteigert – 1848 wurde der nördliche Teil annektiert und in drei Départements (Algier, Constantine, Oran) aufgeteilt; ca. 800 000 französische Siedler wurden ins Land geholt, während zugleich umfangreiche Ländereien der einheimischen Bevölkerung enteignet wurden.(3)

Ohne Rücksicht auf den völkerrechtlichen Status des Landes und in klarer Verletzung bestehender Rechte betrieben die Franzosen nun im Vertrauen auf die wohlwollende britische Haltung die »friedliche Durchdringung« des Sultanats Marokko mit dem eindeutigen Ziel, es vollständig zubeherrschen.(4)

Die Konvention vom 3. Juli 1880 war zwischen dem Sultan von Marokko und den Staaten Deutsches Reich, Österreich-Ungarn, Großbritannien, Frankreich, Italien, Spanien, Niederlande und USA geschlossen worden. Die Konvention sicherte nicht nur die Unabhängigkeit und den Besitzstand Marokkos, sondern auch die dortigen Rechte der Ausländer – also auch die der Deutschen.

Vor diesem Hintergrund trat der deutsche Kaiser auf dem von der Hamburg-Amerika-Linie gecharterten Dampfer Hamburg die Reise nach Tanger an. Wilhelm II. kamen Bedenken, »dass dieser Besuch bei der Lage der Dinge in Paris als Provokation aufgefasst werden könnte und in London die Geneigtheit zur Unterstützung Frankreichs im Kriegsfalle bewirken würde«.(5)

Auf Drängen des deutschen Kanzlers landete der Kaiser am 31. März 1905 doch auf der Reede von Tanger. In seinem Grußwort betonte der Kaiser, dass er den Sultan als unabhängigen Herrscher besuche und hoffe, dass unter ihm ein freies Marokko den friedlichen Wettbewerb aller Nationenermöglichen werde. Dann ritt er durch fahnengeschmückte Straßen zur deutschen Gesandtschaft.

Wie erwartet, erhoben die englische und die französische Presse ein lautes Geschrei der Entrüstung gegen den damals wie heute als Provokateur und Friedensstörer gebrandmarkten deutschen Kaiser.

So schreibt die nach eigenen Angaben immer auf Objektivität bedachte amerikanische Historikerin Barbara Tuchman: »Die Franzosen erhielten aufgrund der kürzlichen Unruhen das Recht [von wem?, W.E.], Marokko polizeilich zu kontrollieren (was den berüchtigten Einfall Wilhelms II. in Tanger provozierte).«(6)

Der Besuch des Kaisers in Tanger mag naiv oder auch nur eine Eselei gewesen sein. Berüchtigt war er mit Sicherheit nicht. Noch weniger kann von einem Einfall gesprochen werden. Den holten am 21. Mai 1911 die französischen Truppen unter General Charles Moinier nach. Sie besetzten Fès und Rabat. Die Begründung war nicht sonderlich originell: Es habe einen Hilferuf des Sultans Mulai Abd al-Hafiz gegeben. Dieser dementierte das jedoch und betonte, er würde sich weiterhin an Recht und Verträge halten.

Durch das Vorgehen Frankreichs fühlte sich der Nachbar Spanien bedroht und versetzte seine Truppen in Alarmbereitschaft. Ebenso bedroht fühlten sich die deutschen Firmen im Süden Marokkos und baten um Hilfe.(7) Am 1. Juli wurde in der Wilhelmstraße der Marschbefehl für das Kanonenboot Panther unterschrieben.(8)

Die Franzosen erkannten sehr schnell, dass Deutschland es trotz des aggressiven Vorgehens und der tatkräftigen Rhetorik nicht auf einen Krieg gegen Frankreich und Großbritannien ankommen lassen wollte. So wurden in den Verhandlungen zwischen dem deutschen Staatssekretär Kiderlen-Waechter und dem französischen Botschafter Jules Cambon Deutschland nur unbedeutende mittelafrikanische Kompensationen angeboten.(9) Dieses im Marokko-Kongo-Abkommen erreichte Resultat wurde in der deutschen Presse und Öffentlichkeit enttäuscht als Niederlage aufgenommen.(10) Im Unterschied zu heute wollte das deutsche Kaiserreich damals an Recht und Verträgen festhalten und war auch nicht bereit, einen Kriegseinsatz zu provozieren.

104 Jahre später geht die Bundesrepublik Deutschland nun gemeinsam mit Großbritannien und Frankreich in einen Krieg, also mit Ländern, die damals gegen bestehende Verträge Marokko die Souveränität genommen haben. Diese Länder scheren sich heute ebenfalls einen Dreck um die Souveränität Syriens, wie auch schon im Fall Libyens.

In Afghanistan ist in den 14 Kriegsjahren der Name »Deutschland« aufs Schwerste beschädigt worden, und so wird sich diese Entwicklung im moslemisch-arabischen Raum fortschreiben. Und das, obwohl in der Bundesrepublik bereits viele Bürger aus dieser Region stammen. Es gibt also erstaunlich viele Parallelen zu der Situation vor dem Ersten Weltkrieg, und wieder scheinen wir in dem Bemühen, zu helfen, in die Schuldfalle zu laufen. Wo bleibt unsere vielbeschworene Verantwortung für den Frieden?



Anmerkungen

3) Wolfgang Effenberger/Willy Wimmer: Wiederkehr der Hasardeure, Höhr-Grenzhausen 2014, Unterkapitel »Wetterleuchten im Mittelmeerraum«, S. 79-87.
4) Henning Köhler: Deutschland auf dem Weg zu sich selbst. Eine Jahrhundertgeschichte,Stuttgart/Leipzig 2002, S. 62.
5) Wilhelm II.: Ereignisse und Gestalten 1878-1918. Leipzig/Berlin 1922, S. 91.
6) Barbara Tuchman: In Geschichte denken, Frankfurt a.M. 1984, S. 135.
7) Die Große Politik der Europäischen Kabinette 1871-1914. Sammlung der Diplomatischen Akten des Auswärtigen Amtes, hrsg. v. Johannes Lepsius, Albrecht Mendelssohn Bartholdy, Friedrich Thimme, 29. Bd., Berlin 1927, Nr. 10578.
8) Willibald Gutsche: Monopole, Staat und Expansion vor 1914. Zum Funktionsmechanismus zwischen Industriemonopolen, Großbanken und Staatsorganen in der Außenpolitik des Deutschen Reiches 1897 bis Sommer 1914, Berlin 1986, S. 145.
9) Emily Oncken: Panthersprung nach Agadir. Die deutsche Politik während der Zweiten Marokkokrise 1911, Düsseldorf 1981, S. 234.
10) Klaus Wernecke: Der Wille zur Weltgeltung. Außenpolitik und Öffentlichkeit im Kaiserreich am Vorabend des Ersten Weltkrieges, Düsseldorf 1970, S. 62.




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An allen Fronten: Bundeswehr jetzt im globalen Krieg

An allen Fronten: Bundeswehr jetzt im globalen Krieg

Peter Orzechowski

Vor lauter IS, Syrien-Krieg und Türkei-Anbiederung ist ein Kriegseinsatz der Bundeswehr unter dem öffentlichen Radar hindurchgerutscht: der Marschbefehl ins westafrikanische Mali. Dabei wird es dort vermutlich die meisten deutschen Gefallenen geben.

Der geplante erweiterte Einsatz der Bundeswehr im Norden Malis unter dem Dach der Vereinten Nationen soll nach dem Willen von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen im Frühjahr starten. »Dringend gebraucht werden in Mali Einsatzkräfte, die aufklären, wo sich in diesem riesengroßen Land Terrorgruppen und Milizen bewegen«, sagte von der Leyen der Zeitung Bild am Sonntag»Aktuell übernehmen die Niederlande diese Arbeit, da kann die Bundeswehr mit ihren hohen Aufklärungsfähigkeiten ab Frühjahr 2016 entlasten«, fügte sie hinzu.

Mali war lange eine Musterdemokratie in Afrika – blieb aber eines der ärmsten Länder der Welt. Nachdem in Folge des Bürgerkrieges in Libyen 2011 viele Waffen und Kämpfer zum halbnomadischen Tuareg-Volk im Nordosten Malis gelangt waren, griffen dessen Kämpfer im Januar 2012 die Regierung an und forderten Unabhängigkeit für ihre Gebiete.

Weil es der Regierung nicht gelang, die Tuareg schnell niederzuschlagen, meuterten bald Regierungssoldaten – was sich im März 2012 zu einem Putsch auswuchs. Militär und Übergangsregierung bekamen die eskalierenden Kämpfe nicht mehr unter Kontrolle. Vor allem islamistische Gruppen breiteten sich aus, zerstörten Teile der berühmten Oasen-Stadt Timbuktu und errichteten dort ein Terrorregime. Die Ex-Kolonialmacht Frankreich griff Ende 2012 militärisch ein; am 20. Dezember 2012 sprach sich der UN-Sicherheitsrat einstimmig für einen Einsatz aus.

Der Staat in Westafrika, der dreimal so groß ist wie Deutschland, weckt bei der derzeit sich beschleunigenden Aufteilung der Welt Begehrlichkeiten: Da ist einmal die für die USA und China immer wichtiger werdende Frage der Anbaugebiete. Wenngleich aufgrund klimatischer Umstände lediglich 3 bis 3,5 Millionen Hektar genutzt werden können, hat die Landwirtschaft Malis ein großes Potential.

Des Weiteren hat das Land bedeutende Bodenschätze. Obwohl der Goldreichtum Malis bereits im Altertum legendär war, ist der dortige Bergbau ein relativ junger Wirtschaftszweig. Die ersten Explorationen wurden in den 1980er Jahren durchgeführt, in den 1990er Jahren begann die stürmische Entwicklung der Goldgewinnung. Heute ist Mali der drittgrößte Goldproduzent Afrikasnach Südafrika und Ghana. Jährlich werden bis zu 50 Tonnen Gold gewonnen, die Reserven werden auf 800 Tonnen geschätzt.

Neben Gold lagern weitere Rohstoffe im Boden, dazu gehören geschätzte 20 Millionen Tonnen Phosphate, 40 Millionen Tonnen Kalk, 53 Millionen Tonnen Steinsalz, 1,2 Milliarden Tonnen Bauxit, 2 Milliarden Tonnen Eisenerz, 10 Millionen Tonnen Mangan, 10 Milliarden Tonnen Ölschiefer, 60 Millionen Tonnen Marmor, 5000 Tonnen Uran und 1,7 Millionen Tonnen Blei und Zink (alle Zahlen bei Wikipedia). Aufgrund schlechter Infrastruktur und Energieversorgung sind diese Rohstoffe bislang zwar geologisch erfasst, aber nicht erschlossen.

Und ein dritter geopolitischer Faktor: An Mali grenzen unter anderem Senegal im Westen, Guinea im Südwesten und die Elfenbeinküste (Côte d’Ivoire) im Süden. Damit ist Mali Nachbar des größten Öl-Eldorados des 21. Jahrhunderts: Westafrika.

Die UN-Mission »Minusma«, an der sich nun die Bundeswehr maßgeblich beteiligen soll, ist im unruhigen Norden des Landes aktiv und mit einem sogenannten robusten Mandat ausgestattet, das auch den Einsatz militärischer Mittel erlaubt. Von der Leyen sagte dazu: »Unsere Soldaten müssen sich schützen können und brauchen deshalb ein robustes Mandat.«

Zur möglichen Einsatzstärke für die Bundeswehr machte die Ministerin noch keine Angaben. Zunächst solle eine weitere Erkundungsmission entsandt werden. Zudem würden Gespräche mit den Niederlanden und den Vereinten Nationen geführt. Der geplante neue Einsatz ist nach Ansichtvon der Leyens auch angesichts der Flüchtlingskrise nötig. »Das Land ist eine Drehscheibe für die Flüchtlingsrouten«,sagte sie. Es sei daher »wichtig, dass Mali dauerhaft befriedet wird und Schlepper nicht weiter ihre üblen Geschäfte machen«.

Mali: Stellvertreterkrieg zwischen USA/EU gegen China/Russland

Was die Bundeswehr in Mali erwartet und in welch gefährliche geopolitische Fahrwasser sie sich begibt, zeigte ein Vorfall vor zehn Tagen, der im Trubel um die Anschläge von Paris in den Medien nahezu unterging: Die im Zentrum Malis tätige Befreiungsfront Macina (FLM), die mit der Dschihadisten-Gruppe al-Qaida im Islamischen Maghreb (Aqmi) verbündet ist, hatte auf ein Hotel in der Hauptstadt Bamako einen Anschlag verübt. Dabei wurden 27 Menschen getötet.

Internationale Medien haben jetzt bestätigt, dass wenigstens 9 der 27 Ermordeten Chinesen und Russen sind. Das allein wäre schon seltsam, aber die Identitäten und Positionen der Getöteten sind besonders bezeichnend. Die chinesischen Opfer waren wichtige Persönlichkeiten der China Railway Construction Corporation (CRCC – Eisenbahnbau), während die Russen Angestellte der russischen staatlichen Luftfahrtgesellschaft Volga-Dnepr waren.

Dass gerade diese Personen getötet wurden, deutet an, dass sie Ziele einer terroristischen Mord-Operation waren. War das Ziel dieser sorgfältig geplanten und ausgeführten Operation, Russland und China eine Botschaft zu senden?

Sehen wir uns die Fakten an: Berichten zufolge waren die Attentäter »schwer bewaffnete und gut-trainierte Kämpfer«. Die Chinesen sind offenbar gleich zu Beginn des Anschlags erschossen wurden: Zhou Tianxiang, Wang Xuanshang und Chang Xuehui. Zhou war Generaldirektor der internationalen Abteilung der CRCC, Wang war sein Stellvertreter und Chang war Generaldirektor der Westafrika-Abteilung der CRCC. Sie waren Pekings direkte Verbindung zur Regierung Malis. Da der Eisenbahnbau der Schlüssel der Infrastruktur und der ökonomischen Entwicklung des Binnenlandes Mali ist, bedeutet der Tod dieser drei Männer eine symbolische und greifbare Attacke auf Chinas Partnerschaft mit Mali.

Ende 2014 hatte China den Bau einer 900 Kilometer langen Eisenbahnstrecke, die Bamako mit dem Atlantik-Hafen und der Hauptstadt Conakry im benachbarten Staat Guinea verbinden soll, angekündigt. Das Projekt, das von vielen Experten als wichtig für den Transport des Mineral-Reichtums von Mali auf den Weltmarkt angesehen wird, ist bedeutend für die Entwicklung des Landes. Außerdem will die CRCC auch die Eisenbahn-Verbindung zwischen Bamako und Senegals Hauptstadt Dakar erneuern.

Mit diesen beiden Projekten, einschließlich eines Straßenbaus durch die konfliktreiche Zone im Norden des Landes und einer dringend benötigten neuen Brücke in Bamako, will China etwa so viel investieren wie Mali im Jahr erwirtschaftet, nämlich zwölf Milliarden US-Dollar. Dass eine Terror-Attacke gerade diese drei Männer erwischte, die drei vielleicht wichtigsten Männer in Mali zu der Zeit, ist schon ein sehr unwahrscheinlicher »Zufall«.

Sehen wir uns die sechs ermordeten Russen an: Sie waren alle Angestellte der russischen Frachtfluggesellschaft Volga-Dnepr. Diese Airline ist laut Wikipedia »weltführend auf dem globalen Markt für den Transport von übergroßen, einzigartigen und schweren Frachten … Sie bedient Regierungs- und kommerzielle Organisationen wie etwa führende Firmen im Öl-, Gas-, Energie-, Luftfahrt-, Landwirtschafts- und Telekommunikations-Sektor sowie humanitäre und Notfall-Dienstleistungen«.

Die Gesellschaft transportiert alles, von gigantischen Baggern bis zu Flugzeugen, Helikoptern, Mini-Fabriken und Kraftwerken bis zu schweren Maschinen für die Energie-Gewinnung – also alles, was die Chinesen und andere Entwickler im Lande brauchen.

China und Russland sind in den jüngsten Jahren ein großer Handels- und Entwicklungs-Partner Malis geworden. Außerdem wurde Moskau einer der wichtigsten Lieferanten an Waffen und anderer militärischer Ausrüstung für Malis Regierung in ihrem Krieg gegen den Terrorismus 2013.

Fazit: Der Anschlag auf die chinesischen und russischen Geschäftsleute und die gleichzeitige Entsendung von Bundeswehr-Truppen sind ein klares Signal der USA und der NATO an die Adresse Moskaus und Pekings, dass das westliche Bündnis entschlossen ist, den Kampf um die weltweiten Ressourcen mit allen terroristischen und militärischen Mitteln zu führen.





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Jetzt auch noch Krieg in Afrika – Von der Leyen: »Achse des Terrors«

Jetzt auch noch Krieg in Afrika – Von der Leyen: »Achse des Terrors«

Peter Orzechowski

Es ist das immer gleiche Muster: Erst wird eine funktionierende Regierung gestürzt. Dann herrscht Chaos im Land. Terroristen besetzen Schlüsselpositionen. Die Menschen fliehen vor dem Terror nach Europa – zumeist nach Deutschland. Und am Ende müssen Truppen ins Land geschickt werden. Neuestes Beispiel für diese Strategie ist Libyen. Dort sollen bald deutsche Soldaten kämpfen.

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat vor einer »Achse des Terrors« in Afrika gewarnt. Die Extremisten-Miliz IS suche in Libyen die Verbindung zur Islamistenorganisation Boko Haram in Zentralafrika. Das sagte die CDU-Politikerin gegenüber der Zeitung Bild(Montagsausgabe). »Wenn das gelingt, dann entsteht eine Achse des Terrors, die weite Teile Afrikas destabilisieren kann.«
Das wäre eine brandgefährliche Entwicklung, die neue Flüchtlingsströme zur Folge hätte. »Das dürfen wir nicht zulassen.« Dazu sei es wichtig, Libyen zu stabilisieren, das auch von islamistischem Terror bedroht sei. »Deutschland wird sich nicht der Verantwortung entziehen können, dabei einen Beitrag zu leisten«, sagte sie auf die Frage, ob die Bundeswehr demnächst auch nach Libyen geschickt werde. Libyen müsse nun eine funktionsfähige Regierung bekommen, die dann schnell Hilfe benötigen werde, um Recht und Ordnung durchzusetzen.



Der Vormarsch des IS

Hintergrund der Eile: Seit dem Sturz des Machthabers Muammar al-Gaddafi 2011 versinkt das einst reiche Libyen im Chaos. Die libysche Wirtschaft liegt am Boden: Der Ölexport, Haupteinnahmequelle des Landes, ist zu drei Vierteln eingebrochen. Städte wie Bengasi sind praktisch total zerstört. Eine Million Libyer, vor allem die Wohlhabenderen, sind bereits nach Tunesien oder Ägypten geflohen, wo sie sich meist in leerstehenden Touristen-Apartmentseingemietet haben.

Zwei Regierungen kämpfen um die Herrschaft. Gleichzeitig weitet die Terrormiliz IS in Libyen ihr Herrschaftsgebiet aus, weil sie im Irak und in Syrien an Boden verliert. Kämpfer des IS versuchen, die Ölquellen des zerfallenden Staates sowie den Ölhafen as-Sidr und den im benachbarten Ras Lanuf unter ihre Kontrolle zu bringen.

Von offizieller Seite ist keine Auskunft zu erhalten, wie nahe am Ölverladeterminal sich die Kämpfe in as-Sidr abspielen. Die Vereinten Nationen (UN) gehen davon aus, dass die IS-Miliz zwischen 2000 und 3000 Kämpfer in Libyen hat. Die meisten davon befänden sich in Sirte.

Wie die New York Times schreibt, kontrolliere der IS bereits mehr als 1500 Kilometer der Mittelmeerküste Libyens – von Abu Grein bis Nufalija. Laut den westlichen Geheimdiensten kann Sirte als Reservebasis der Terroristen genutzt werden, sollten diese aus Syrien und dem Irak verdrängt werden.

»Der libysche Ableger des IS ruft bei uns die größte Besorgnis hervor. Das ist das Zentrum, über welches er seinen Einfluss auf ganz Nordafrika ausdehnen kann«, betonte der Analytiker des Verteidigungs-Aufklärungsamtes der USA, Patrick Pryor.

Der Angriff auf Europa

Aber es geht wohl nicht nur um Öl. Das im Internet aufgetauchte E-Book mit dem Titel »Wie man im Westen überlebt. Ein Handbuch für Mudschahedin«, das dem Islamischen Staat zugerechnet wurde und inzwischen gesperrt ist, legt den Schluss nahe: Von Libyen aus soll ein Angriff auf Rom stattfinden. Ich habe bereits früher auf dieser Webseite darüber berichtet. Auch die erste Ausgabedes Online-Magazins Dabiq im Juli 2014 bestätigt diesen Verdacht. Dabiq zeigte auf der Titelseite den Vatikan. Die Eroberung des Vatikans solle also den »Sieg über die Ungläubigen« bringen.

Ich habe ebenfalls an dieser Stelle bereits erwähnt, dass Papst Franziskus schon am 14. September 2015 davor warnte, dass sich IS-Terroristen unter den Flüchtlingen befinden könnten. Auch Rom sei nicht vor Anschlägen gefeit. Der Vatikan verstärke seine Sicherheitsmaßnahmen.

»Es ist wahr, dass nur 400 Kilometer von Sizilien entfernt eine unglaublich grausame terroristische Gruppe sitzt«, sagte der Papst dem portugiesischen Radiosender Renascenca mit Blick auf den Islamischen Staat in Libyen, berichtete Reuters.

Demnach schloss es Franziskus nicht aus, dass Rom ein Ziel von Anschlägen werden könnte. »Ja, niemand hat gesagt, Rom sei immun gegen eine solche Bedrohung. Aber man kann sich schützen«, so der Papst.

Allerdings – auch darauf habe ich hier bereits hingewiesen – wird nach dem Propheten des Islam das Jüngste Gericht mit einer Schlacht der Muslime gegen die »Armee Roms« in Dabiq nahe Aleppo und dem »Sturz Roms« eingeleitet. Zu Lebzeiten Mohammeds war Ostrom, also Konstantinopel und damit das heutige Istanbul, das Zentrum der Christenheit, nicht Rom selbst. Der Aufmarsch der IS-Krieger in Libyen zeigt, dass sie den Propheten wohl nicht so genau nehmen und doch das »heutige« Rom angreifen wollen.

Aber woher kamen die IS-Kämpfer, und wie konnten sie nach Libyen fliehen? Sie hatten sich bereits im vergangenen Herbst über türkische Häfen und das Mittelmeer nach Libyen abgesetzt. Heute kontrollieren sie Darna, eine traditionelle Hochburg islamistischer Extremisten, und die Hafenstadt Sirte. Interessant ist, dass sie neben den Ölhäfen offenbar auch den Küstenstreifen entlang des Mittelmeeres erobern wollen. Von dort aus sind es jeweils nur wenige Hundert Kilometer nach Italien und Griechenland. Von hier soll die »Eroberung Europas« beginnen.

Sicherlich mischen sich auch hier IS-Krieger unter die Flüchtlinge, die mit Booten nach Europa flüchten.

Kommen wir noch einmal zurück auf das Online-Magazin Dabiq. In seiner jüngsten Ausgabe hieß es, es sei nun wichtig, die »Grauzonen zu beseitigen«, in denen die Muslime und der Westenfriedlich koexistierten. Durch Terror solle in Europa eine Atmosphäre der Furcht und des Schreckens mit dem Ziel erzeugt werden, dass rechtspopulistische Parteien und Bewegungen Auftrieb erhielten und den Muslimen keine andere Wahl mehr bliebe, als sich dem IS anzuschließen. So sei die »Teilung der Welt voranzutreiben«.

Die bisherigen Ereignisse dieses noch jungen Jahres haben gezeigt, dass sich das Chaos, das im Nahen und Mittleren Osten seit dem sogenannten Arabischen Frühling ausgebrochen ist, nun auf Europa – vor allem auf Deutschland – ausbreiten soll. Die Planer und Nutznießer dieses Chaos habe ich in meinem aktuellen Buch Der direkte Weg in den Dritten Weltkrieg ausführlich beschrieben. Ihr Plan scheint aufzugehen.





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